Gestern ist es bei mir eingetroffen, das Belegexemplar von Nova 18. Im neuen Gewand, im neuen Verlag - und wie ich finde: rundum gelungen.
Neben anderen Stories hochklassiger Autoren ist auch Patchwork enthalten, eine Geschichte, die mit einer Frage endet, die den männlichen Vertretern unserer Spezies so oder so ähnlich auch hin und wieder durch den Kopf gehen mag.
Dabei fängt alles so harmlos an...
[...]Sie ist lange durch die Straßen gewandert, ziellos wie es
schien, aber ist das Leben ziellos? Sie ließ sich durch die Menge treiben,
tastete sich durch die Mäntel, Jacken, Tücher, die jetzt, im Vorwinter,
allesamt nach totem Hund rochen. Sie hielt die Augen geschlossen, spürte mit
den Fingerspitzen, spürte mit und auf ihren zwei Quadratmetern Haut die
Gleichgültigkeit, den Ärger, das Missfallen derjenigen, deren Kreise sie
störte. Sie roch sich durch billige Düfte ohne Kopf- und Fußnote, lernte jeden
Tag aufs neue die ganze Varianz menschlicher Ausdünstungen kennen und lieben,
verurteilte nichts und niemanden, sondern begrüßte jeden in ihrer Seele,
solange sie die Augen nur fest geschlossen hielt, und die Wesen um sie herum
kein Gesicht bekamen.
Und während dieses blinden Tanzes, der schweigend, auf
Zehenspitzen, aufgeführt wurde – von ihr und den Menschen um sie herum - war
sie doch nur auf der Suche.
Als sie nach Stunden erschöpft an einem Laternenpfahl neben
einer Ampel innehielt, traf sie sein Duft wie ein Keulenschlag. Halt, murmelte sie. Halt! Mit der Linken krallte sie sich in den Kragenaufschlag seines
Tweedmantels, um ihn zu stoppen. Die Rechte flatterte tastend hinauf zu seinem
Gesicht. Er war groß, sie musste sich auf die Zehenspitzen strecken. Ein
markantes Kinn, Bartstoppeln, rissige Lippen, hängende Backen, aber prägnante
Jochbeine. Cäsaren-Nase.[...]
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